Hintergründe & Entwicklungen

Die Lage spitzte sich nach dem Zusammenbruch der SED-Führung zu. Die Besetzungen der Stasi-Dienststellen, wie in einer Kettenreaktion ab dem 4. Dezember, erregten weltweit Aufsehen. Noch nie war die Geheimpolizei einer Diktatur auf diese Weise durch die Bevölkerung  eines Landes aufgelöst worden. Noch nie waren zuvor so viele Akten geborgen und – unter datenschutzrechtlichen Auflagen – der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden. Das Thema ist daher seither Gegenstand zahlreicher populärer und wissenschaftlicher Publikationen und schien weitgehend ausgeforscht.4    Die Aussage eines ehemaligen  SED-Funktionärs, seine Partei habe die Stasi geopfert, um sich selbst zu retten, brachte erneut Schwung in die Diskussion. Seither zeigt sich, manches ist anders als bisher angenommen, viele Fragen offen.     

Foto: Demonstranten in der Bezirksverwaltung Erfurt am 4. Dezember 1989, mit Aktenordnern, deren Inhalt bereits von der Stasi vernichtet wurde.

Der Prozess der Besetzungen und Auflösung der Stasi bis hin zur Öffnung der Akten verlief bei genauerer Betrachtung jedoch wiedersprüchlicher als in einfachen Erzählungen. Welche Rolle spielten die Stasi und und staatliche Institutionen? Waren manche der Besetzer zu kompromissbereit oder gar minipuliert. Kann man überhaupt von Besetzungen sprechen? Über Fragen wie die Vernichtung oder Erhaltung der Akten wurde von anfang an heftig gestritten. Manches ist bis heute ungeklärt und soll hier mit neuen Quellen und Zeitzeugenberichten beleuchtet werden.