Die Akten nach der Besetzung: Sicherung und Vernichtung

Christian Booß leitete die Frage nach der Aktensicherung und Aktenvernichtung mit ein paar Erläuterungen ein. Die Besetzungen der Stasidienststellen in den DDR-Bezirken außerhalb Berlins im Dezember 1989 hatten ja das Ziel, die Aktenvernichtung zu verhindern, zumindest sollte das die Folge sein. Bei der Übernahme des Ministeriums für Staatssicherheit in Berlin war der Kontext ein anderer. Dennoch ging es natürlich auch sofort um die Frage: Was wird aus den Akten der Zentrale?

 

Das heutige Stasi-Archiv befindet sich ja im Haus 8, an dem Ort, wo sich früher schon das Archiv des MfS befand, die Abteilung XII. Das Problem für die Archivare bis heute besteht darin, dass damals nicht nur im Archiv des MfS Akten lagerten, sondern dass die Offiziere ja ganz praktisch Akten auf ihren Schreibtischen und in ihren Regalen hatten. Vorgänge, wie das immer so heißt, mit denen sie gearbeitet haben. Das war wie bei dieser Dornröschen-Situation: Durch die Bürgerrechtler sind die Stasi-Leute mitten in der Arbeit erwischt worden, haben versucht die Akten noch ein bisschen durcheinander zu mischen oder zu vernichten. Mehr als die Hälfte des jetzigen Aktenbestandes wurde in diesem amorphen Zustand übernommen. Und das macht den Archivaren bis heute Mühe, diesen Nachlass zu ordnen. Von diesem Nachlass waren 2005 erst ungefähr zwei Drittel[1] nach archivarischen Gesichtspunkten erschlossen.

 

Die Stasi hat ja immer Akten vernichtet, fachlich gesprochen, kassiert, allein schon um Platz für neue Akten zu schaffen. 1989 ging es aber auch darum, das eigene Tun zu verschleiern, auch um den Apparat druch Vernichtung zu verschlanken und zu reformieren, um zu zeigen, seht wir mache doch nur noch das, was andere Staaten mit Nachrichtendienst und Verfassungsschutz auch tun. Die Vernichtung der Akten fand auch auf dem Gelände des Ministeriums in Berlin-Lichtenberg statt.

 

Damals am 15. Januar kam der nächste Zeitzeuge, Heinz Meier, mit den anderen Demonstranten auf das Gelände. Er ist dann später im Bürgerkomitee, das sich in der Nacht gründete, unter dem Namen „Akten-Meier“ bekannt geworden. Herr Meier sieht nun nicht gerade aus wie ein Revoluzzer. Er war von Hause aus Projektierungsingenieur im Anlagenbau gewesen. Nach der Besetzung ging er wohl relativ spontan am gleichen Tag in das Bürgerkomitee vom 15. Januar und dort in die Arbeitsgruppe „Akten“, um die Akten zu sichern.

 

Heinz Meier erläuterte seine Motive. Er war weder politisch pro noch contra organisiert, außer im FDGB[2]. Für mich waren es neben den politischen Gründen, den allgemeinen, die jeden innenpolitisch interessierten Bürger bewegten, auch familiäre Gründe. Mein Sohn saß wegen versuchter Republikflucht in Stasihaft und es war mir ein Anliegen, auch seine Akten zu erhalten, sodass diese nicht vernichtet werden. Die Vernichtung von Akten, was die Staatsicherheit angeht, war ja schon, teilweise als Gerücht, teilweise offiziell bekannt.

 

Vielleicht eingangs noch eine kurze Klarstellung. Ich bin nicht Mitglied des „Bürgerkomitees 15. Januar“. Wir trugen alle so einen Sticker „Bürgerkomitee Berlin“ als Bürgerkomitee hier in diesem großen Gebäudekomplex. Das „Bürgerkomitee 15. Januar“ organisierte sich erst 1991, also ein Jahr später. Ich möchte auch den Titel meines Beitrages etwas abwandeln. Der Titel heißt ja „Das Archiv in der Stunde Null“. Ich möchte das verwandeln in „Die Akten in der Stunde Null“. Das Archiv ist ein Gebäude, wo Magazine enthalten sind mit vielen Akten und Karteikarten, Umlaufgeräten, große Säle mit Karteikartenumlaufgeräten. Das haben Sie wahrscheinlich alles schon gesehen. Für mich war es natürlich überwältigend. Ich war, muss ich sagen, zum ersten Mal in einem Archivmagazin und auch zum ersten Mal in einem so großen Karteikartensaal. Mich hat besonders die Technik interessiert. Diese Hebeschubanlagen kannte ich nicht und auch nicht diese Umlaufgeräte, mit denen man Hunderte von Karteikarten transportieren konnte. Für mich war das also ein Novum. Übrigens wurde mir von dem damaligen Archivoffizier gesagt, ich sei der erste Zivilist, der am 23.1.1990 das Archiv betreten durfte. Und dann war für mich dann auch ein Novum, als ich zum ersten Mal das Archiv betrat, dass die EDV so gut besattelt war. Es stand eine Reihe von – ich weiß nicht, wer von hier ist, von der ehemaligen DDR – PC 1715, diese Personalcomputer, die standen in einer Reihe da. Ich war in einem Betrieb, 300 Projektanten arbeiteten dort, der war glücklich, dass er einen PC hatte, damals zu dieser Zeit. Da standen sie in einer Reihe. Also mich hat die Technik beeindruckt, die dort vorhanden war. Jetzt bin ich also doch aufs Archiv zu sprechen gekommen. Und nun zu den Akten:

 

Ja, die Frage ist, wie bin ich eigentlich dazu gekommen? Ich hatte mit Akten Berührung in meinem Büro, ich war Projektierungsingenieur, wusste also, was eine Akte ist. Ich hab’ ja selbst Vorgänge von Projekten angefertigt. Aber ich konnte mir nie das Ausmaß einer Aktenfülle so vorstellen wie ich sie a) im Archiv gesehen habe und b) späterhin in den Büroräumen dieses gewaltigen Molochs in dem Ministerium gesehen habe. Ich bin dazugestoßen, als viele engagierte Bürger zusammenkamen und dem Aufruf folgten, bildet ein Bürgerkomitee. Da bin ich dazu gestoßen und da wurde ein Koordinator gewählt. Der Name ist bekannt: Es ist David Gill[3]. Das war ein junger 24-jähriger Theologiestudent und ich glaube, ich habe ihn sogar vorgeschlagen. Er wurde gewählt. Ich war ja einer der ältesten mit 51 Jahren in diesem Bürgerkomitee damals. Und dann ging es um die Sache, wie ist eigentlich die Struktur der Staatssicherheit? Da haben uns wieder mal die Sachsen geholfen. Die Sachsen sind eben helle. Vor allen Dingen ein Dresdner Bürgerkomitee-Auflöser hatte Erfahrung in der Struktur, hat uns schon vorbereitetes Material gegeben. Diese Diensteinheiten gibt es und die müsst ihr auflösen und besonders müsst ihr die Akten sichern, usw. Das war eigentlich dann sozusagen derjenige, der uns eine Zielrichtung gegeben hat. Was machen wir überhaupt hier drin; was jetzt nicht? Dass wir die Vernichtung verhindern wollten, das war uns alles klar. Darum sind wir ja ins Bürgerkomitee gekommen. Und dass wir die Stasi an der Arbeit hindern wollten. Die Arbeit bestand ja mehr oder weniger in der Auflösung. Und die Auflösung wäre, wenn kein Bürgerkomitee da gewesen wäre, wahrscheinlich genauso erfolgt, wie es bei der Aufklärung, der HV A, erfolgt ist. Die haben sich aufgelöst, da war dann nachher nichts mehr vorhanden. Das wollten wir ja verhindern.

 

Wir waren ungefähr 100 Leute, in einem Saal bzw. einem großen Raum im Haus 17. Da ging es nun darum, wir müssen Arbeitsgruppen wählen. Wer möchte in die Arbeitsgruppe 1, 2, 3. Die 2, das waren die Akten. Da habe ich mich gemeldet und habe gesagt, für mich gesagt, mit Akten hast du schon mal zu tun gehabt, meldest du dich mal. So, da meldeten sich 10 andere auch. Wir wurden in ein separates Zimmer geschickt und wir saßen erstmal zusammen und dann hieß es, na ja wir müssen Arbeitsgruppenleiter wählen. Ja, da hat man mich dann zum Arbeitsgruppenleiter gewählt; schließlich und endlich.

 

Wir waren uns gar nicht bewusst, was für eine Arbeit auf mich, auf uns, zukam und was für ein Karriereknick das bedeutete. Ich war ja immerhin noch Angestellter bei einem Projektierungsbüro, wie andere auch in volkseigenen Betrieben angestellt waren, und wir hatten natürlich auch Ängste auszustehen. Es gab auch eine große Fluktuation. Ich glaube, bei 300 Leuten am Anfang ist die Anzahl dann auf 100 zurückgegangen und später auf noch weniger. Weil die Leute Angst hatten, ihren Arbeitsplatz zu verlieren, weil sie durch die zuständigen sozialistischen Leiter bedroht wurden: Wenn ihr jetzt nicht wieder zurückkommt, dann entlassen wir euch! Gott sei Dank hatten wir später dann einen Ministerratsbeschluss auf unserer Seite. Vom 8. Februar war der, glaube ich, worin drin steht, dass die Bürgerkomitees ehrenamtliche Arbeit leisten, und es gab im Arbeitsgesetzbuch der DDR einen Paragrafen, glaube ich, der darauf hindeutete, dass man freigestellt werden könnte wegen gesellschaftlicher Arbeit. Auf diesen Paragrafen haben wir uns berufen, damit wir unsere Arbeit weiter machen können. Diese Gesetzlichkeit ist nicht ganz so gekommen, dass man sich wirklich darauf berufen konnte und deswegen sind viele weggegangen. Aber ein harter Kern von ungefähr 10, 15 Leuten in meiner Arbeitsgruppe ist geblieben.

 

Was war eigentlich jetzt unsere Aufgabe? Wir haben natürlich Kommissionen gebildet. Wir haben uns zunächst mit denen zusammengesetzt, die eigentlich die Auflösung betreiben sollten. Das waren ja die Stasileute. Wir haben uns mit der Generalität zusammengesetzt. Da saß die Volkspolizei mit am Tisch. Unter der Moderation der Kirche gab es eine gemischte Kommission, die wöchentlich tagte und dann den Fortschritt der Auflösung darstellte: Ich weiß noch wie General Engelhardt uns begrüßte. General Engelhardt, der Chefauflöser, sagte: „Ich freue mich, dass ich endlich auch ein Bürgerkomitee habe und ich hoffe, wir arbeiten gut und vertrauensvoll zusammen.“ Und natürlich waren wir beeindruckt über diese moderate Form dieses Generals und haben gedacht, naja. Nun war die Kirche ja in diesen Sitzungen auch sehr moderat. Und nun fassten wir gegenseitig Vertrauen, obwohl eigentlich ein tiefes Misstrauen zwischen uns lag. Wie ging es nun weiter? General Engelhardt schilderte seine Probleme. Er sagte, er müsse täglich 500 Leute entlassen von 30.000 und er will das bis März schaffen und er hat auch eine Direktive, bis März muss die Auflösung zu Ende sein. Naja, dann haben wir von ihm verlangt, er soll uns mal die Dienstpläne geben, welche Arbeitseinheiten oder Diensteinheiten er sukzessive auflösen will. Diese Dienstpläne haben wir dann bekommen und dann haben wir unsere Leute eingeteilt. Was mussten die machen? Die mussten in die Dienstgebäude, die ja teilweise auch außerhalb dieses Gebäudekomplexes des Ministeriums lagen, mitfahren. Wir haben nachher jeder einen Stasi-Pkw gekriegt, nicht jeder, sondern jede Arbeitseinheit, und konnten damit zielgerichtet diese Gebäude aufsuchen. Von dort mussten die Akten, die teilweise noch in Büros gelagert waren, teilweise aber auch schon zusammengeführt waren in das Archiv transportiert werden. Unsere Aufgabe war also, oder die Aufgabe meiner Mitarbeiter war es, diese Räume zu versiegeln, abends und früh wieder zu entsiegeln, zu kontrollieren, dass die Akten zusammengeführt werden und dann hierher zur Normannenstraße transportiert wurden. Das Archiv konnte das gar nicht aufnehmen. Wir haben nachher auch hochgerechnet, bzw. uns von den Diensteinheiten zuarbeiten lassen, welche Mengen da auf uns zukommen. Und da sind wir dann auf 100 Kilometer gekommen. Ich habe gedacht, mein Gott, was wird das? Das Archiv hat die Hand gehoben. „Das bekommen wir gar nicht unter.“ Dann wurde das ins Haus 7[4] gebracht und dort wurden die einzelnen Räume voller Akten gestapelt, da ging es dann auch darum, die Akten nicht so hoch zu stapeln, damit die Deckenbelastung nicht zu groß wird. Sie wissen, Papier ist schwer, das muss man ja alles berücksichtigen. Nun gab es natürlich auch viele Probleme und man musste teilweise Entscheidungen treffen. So war unsere erste Entscheidung, nach 3 Tagen ungefähr, als Vertreter der Abteilung Rehabilitierung vom Obersten Gericht zu mir kamen und sagten, also ganz wichtig, die Rehabilitierungsakten müssen wieder zurückgeführt werden in die Gerichtsbarkeit. Wir haben eine Wiedergutmachungspflicht, wir wollen rehabilitieren. Am 5. Tag kam nachher die Staatsanwaltschaft, die sagte dasselbe. Also haben wir gesagt, wir müssen eine Aktenantragsstelle bilden, jeder will was. Wir haben nach einer Woche schon eine Antragsstelle gebildet, wo nicht nur die Behörden Akteneinsicht haben wollten, sogar Akten für sich haben wollten, sondern auch Bürger zu uns kamen und sagten: „Wann ist es denn nun soweit? Wir wollen nun mal unsere Akte einsehen.“ Da haben wir gesagt, naja wir sind bei der Sicherung. Wir müssen alles sichern und dann können wir darüber befinden, wie wir die Akteneinsicht organisatorisch gestalten wollen. Das war das Erste. Dann kam Zweitens die staatliche Archivverwaltung bzw. das Zentralarchiv zu uns und sagte: „Da gibt es ein NS-Archiv in der Freienwalder Straße, das möchten wir gerne haben.“ Gut, haben wir entschieden, das NS-Archiv geht raus. Es gehört in die Zeit von 1933-1945, wird überführt in das Zentrale Staatsarchiv[5]. Dann war die Frage, was machen wir denn nun? Es muss ja eine Ordnung, eine gewisse Ordnung haben Das Archivmaterial in diesen Räumen kann man ja nicht einfach zusammenbündeln. Es muss ja irgendwie eine bestimmte Ordnung haben. Uns kamen dann andere zu Hilfe. Ich sehe ja hier einen vom Zentralarchiv, vom Zentralen Staatsarchiv, so war die genaue Bezeichnung damals. Die haben uns also unheimlich unterstützt, in der Form, dass sie uns gesagt haben, wie man solche Akten ins Archiv überführt. 

 

Christian Booß fragte nach, es hätte doch unzählige Gebäude in der Stadt gegeben, wo Akten lagerten. Hatte das Bürgerkomitee eigentlich den Eindruck, sie hätten die Sache im Griff, oder wurde nach dem 15. noch weiter vernichtet?

 

Heinz Meier antwortete, sie hätten viele vernichtete Unterlagen vorgefunden. Die Technik war überfordert. Die Verkollerungsanlagen waren zu, d.h. Verkollerungsanlagen sind der Ort, wo mittels Wasserzuführung eine Maische entsteht. Daraus wird ein Brei, ein Papierbrei, so dass man nichts mehr rekonstruieren kann, die Technik war also vollkommen, vollkommen fertig, also hinüber. Man konnte eigentlich nur noch verbrennen oder mit der Hand zerreißen. Und das ist in überwiegendem Maße geschehen. Eine der Entscheidungen war auch, was machen wir mit dem maschinenzerrissenen Schriftgut? Es gab ja dieses gemaischte Schriftgut, was als Brei nicht mehr verwendbar war. Das maschinenzerschnipselte Schriftgut, habe ich mir überlegt, kann man auch nicht mehr zusammensetzen, dieses Gehäckselte. Aber dann das handzerrissene Schriftgut. Das war meine Entscheidung, das handzerrissene Schriftgut aufzuheben. Natürlich wurde hier und da noch handzerrissenes Schriftgut hergestellt: Hierhin und dahin wurden vielleicht bestimmte Akten verbracht. Wir waren nicht die Einzigen. Sie müssen sich vorstellen: 42 Dienststellen mit 30 000 Bediensteten in Berlin. Wir waren 10 Leute in dieser Arbeitsgemeinschaft. Wie soll man das ausschließen, dass weiterhin Akten vernichtet worden sind in der Zeit?

 

 

Christian Booß stellte nun Margitta Kupler vor. Dem einen oder anderen noch als Margitta Hinze bekannt. Sie war ein langjähriges Mitglied der Initiative Frieden und Menschenrechte (IFM) und kam dann im Rahmen der friedlichen Revolution zur AG Sicherheit sowohl des Berliner Runden Tisches als auch des zentralen Runden Tisches. Von Herrn Meier hätten wir ja gehört, dass es das Bestreben der Bürgerkomitees und des Bürgerkomitees hier in Berlin war, die Akten zu sichern. Aber es gab auch genau gegenteilige Tendenzen, sogar aus dem Bürgerkomitees heraus, nämlich das Bestreben, gezielt Akten zu vernichten. In Cottbus haben Stasileute Hand in Hand mit dem Bürgerkomitee in Quantitäten Akten vernichtet. Und auch aus Schwerin gab es einen entsprechenden Antrag zur Aktenvernichtung. Und ich glaube auch in der AG Sicherheit wurde entsprechend darüber diskutiert, ob man nicht Akten, die menschenrechtswidrig erhoben worden waren, der Vernichtung zuführen sollte. Das ganze gipfelte dann in der physischen Vernichtung der elektronischen Datenträger[6] im Februar 1990. Was waren die Motive von Margitta Kupler?

 

Margitta Kupler: meinte, sie könne ja nicht für alle sprechen, was die einzelnen Leute für Motive hatten. Eins, denke ich, haben wir oder habe ich damals nicht bedacht: Wir haben das Ministerium für Staatssicherheit nämlich einerseits unterschätzt und andererseits überschätzt. Wir haben unterschätzt, was die Verbundenheit von einzelnen Menschen mit denen wir zusammengearbeitet haben, mit diesem Ministerium betroffen hat. Also wir haben uns damals ja nicht vorstellen können, oder es war uns nicht so deutlich, dass Menschen, mit denen wir in der AG Sicherheit zusammengearbeitet haben, Menschen mit denen wir in der Opposition zusammengearbeitet haben und auch Menschen aus den Bürgerkomitees, dass die sich sehr diesem Ministerium verbunden gefühlt haben; und von daher gesehen, ganz andere Entscheidungen getroffen haben und ganz andere Richtungen verfolgt haben, als es vielleicht  ersichtlich war und als es meine waren. Das ist schon mal eine Sache, weswegen es da so kontrovers diskutiert wurde. Und zum anderen: Sie haben vielleicht den Film gesehen vom 4. Dezember und dann „Elf 99“[7], wo das erste Mal Menschen hier in der Normannenstraße gewesen sind und da war ich ja dabei. Und seit diesem Tag, seit dieser Veröffentlichung, habe ich Briefe von Bürgern bekommen, die sich massiv dafür eingesetzt haben, dass doch Akten vernichtet werden müssen. Und immer mit dem Tenor, dass zu Unrecht gesammeltes Schriftgut nicht weiter aufgehoben werden darf. Und das ist natürlich eine umstrittene Sache. Darf man es oder darf man es nicht? Wir können jetzt sagen: „Es ist natürlich negativ, dass Sachen vernichtet wurden.“ Aber wir haben in diesen politischen Gremien ja nicht gewusst, wie es weiter geht. Ich habe ja immer die Meinung vertreten, dass nichts vernichtet werden darf. Aber wir haben massiv den Druck von außen gehabt, auch durch die Bürgerkomitees, durch andere Menschen, die eine andere Meinung hatten. Und letztendlich, wenn man es sich anguckt, wie das dann mit der Vernichtung der elektronischen Datenträger war. Da kam ja auch dieser Vorschlag aus dem Bürgerkomitee Berlin und ist dann an die AG Sicherheit gekommen und letztendlich ist dieser Beschluss, von den Menschen, die da waren, mehrheitlich gefasst worden. Wir haben uns da auch von Menschen instrumentalisieren lassen, die dem Ministerium sehr nahe standen und die einfach eine andere politische Zielrichtung verfolgt haben. Wir waren ja auch naiv und haben uns da missbrauchen lassen. Und wir haben die Sache nicht so durchblickt, wie wir sie jetzt im Nachhinein mit unserem Wissen, was wir jetzt 15 Jahre später haben, vielleicht durchblicken.

 

Christian Booß ergänzte zu den elektronischen Datenträgern, das wären ja in der Regel Duplikate gewesen, zunächst mal von Karteikarten und da spielte ein zentrales Argument eine Rolle: Die gäbe es ja physisch noch mal in Papierform. Wir haben natürlich im Nachhinein festgestellt, Herr Hecht hat Ihnen das ja geschildert, dass von den Karteikarten etliche fehlen oder gezogen worden sind. Die HVA, also die Spionageabteilung, hat beispielsweise alle ihre Karteikarten aus der zentralen F16-Kartei herausgezogen. Das ist ja quasi das Pendant zu den sogenannten „Rosenholz“-Daten[8]. So wurde natürlich in dieser Zeit eine Menge verschleiert, während den Bürgerrechtlern von Stasileuten, glaube ich, gesagt worden ist, macht euch mal keine Sorgen, physisch, als Karteikarte, gibt es das ja alles noch.

 

Margitta Kupler bestätigte, dass das ein Argument war. Also erstmal waren es sehr viele Daten: Die zentrale Personendatenbank[9] mit ca. einer Million Daten, die zentrale Personenregistratur mit fünf Millionen Datensätzen, die Kaderprojekte[10] des MfS mit einer Million Datensätzen. Und interessanterweise war ja der Vorschlag so, dass die Kassetten, die gelöscht werden, dann der volkswirtschaftlichen Nutzung zugeführt werden. Das ist eine Sache, wo man heutzutage nur noch drüber lachen kann. Aber so haben wir ja auch gedacht. Also das ist ja einfach auch eine andere Zeit gewesen.

 

Christian Booß ergänzte, als er damals in der Funktion als Reporter vom SFB[11]  mit Leuten gesprochen habe, die mit der Datenträgervernichtung befasst waren, da wurde ihm dann immer gesagt, man hätte Angst, diese Datensätze könnten komplett in die Hände westlicher Geheimdienste fallen. Das hat damals eine große Rolle in der Argumentation gespielt. Kam das so aus dem Bauch der Bürgerrechtsbewegung oder kam es woanders her?

 

Margitta Kupler meinte, sie denke schon, das kam aus einem anderen Bauch heraus und das zentrale Thema war ja immer Quellenschutz.[12]  Und ich glaube, da sind auch viele sozusagen eingeknickt oder dran gescheitert. Es wurde so ein Horrorbild aufgebaut vom Quellenschutz und es ging ja soweit, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der AG Sicherheit dieser Geheimhaltung unterlegt wurden, weil diese Quellenschutz betreiben sollten. Und da ist jede Persönlichkeit ja anders. Und manche haben sich da soweit hineinbegeben, dass sie gesagt haben: O. k., ich kann das nachvollziehen und andere, wie ich, haben gesagt, nee das mache ich nicht. Ich werde mich doch jetzt nicht im Nachhinein noch so weit von dem Geheimdienst reinsaugen lassen, dass ich noch Geheimnisträger im Nachhinein werde. […] Aber es wurde so ein unheimlicher Druck aufgebaut und es sind ja auch viele Menschen, aus ihrem kleinen Leben in die große Öffentlichkeit gezogen worden. Das ist natürlich auch eine Verführung, auf einmal so wichtig zu sein. Und es gibt Menschen, die haben sich verführen lassen und sind sehr wichtig geworden, und haben es nicht geschafft, diese Sachen auch zu reflektieren und zu hinterfragen.

 

 

Nachfragen Aus dem Publikum

 

 

NN meinte, es habe seiner Meinung nach gar kein Handlungsbedarf bestanden. Warum mussten Sie die Entscheidungen schon zu diesem Zeitpunkt treffen? Ich will jetzt auch nicht Ihre Kompetenz in Frage stellen, aber diese Bürgerkomitees, das war ja auch so eine Neuauflage von Arbeiter- und Soldatenrat[13]. Also, Sie waren ja in dem Sinne keine demokratischen Institutionen und Sie hätten das doch einfach auf die längere Bank schieben können. Und das verstehe ich nicht, dass Sie diesem Druck gewichen sind. Und diese Tendenz, was zu beseitigen, die hat ja offenbar doch noch bis in die de-Maiziere-Regierung[14] hineingewirkt.

 

 

NN stellte eine Frage an Herrn Meier. Er hat erzählt, der General Engelhardt, hätte ja zusammenarbeiten wollen und ich frage mich jetzt noch: Das ist doch irgendwie eine Diskrepanz, auf der einen Seite sollen Akten gerettet werden auf der anderen vernichtet: Wie funktionierte da jetzt die Zusammenarbeit mit den Stasi-Leuten, mit dem General?

 

Heinz Meier antwortete: Wenn Sie in so einem Gebäudekomplex dieser Generalität vorgestellt werden und man sagt, wir wollen zusammenarbeiten, dann bedeutet das, jeder der Parteien muss dem anderen Vertrauen entgegen bringen. Ich bin davon ausgegangen, dass keine Akten mehr vernichtet werden, wenn jetzt das Bürgerkomitee die Kontrolle in Form der Zusammenführung der Akten ausübt. Davon bin ich ausgegangen und musste auch davon ausgehen, wie jeder andere im Bürgerkomitee auch. Dass es ehemalige MfS-Mitarbeiter gab, die noch Akten vernichtet haben, mag sein. Aber diese vertrauensvolle Zusammenarbeit musste sich im Laufe der Wochen gestalten. Natürlich gab es ein Ereignis, was diese vertrauensvolle Zusammenarbeit wieder zunichte gemacht hat. Wir hatten einen Dienstgang. Wir hatten uns dazu verabredet: Wir nehmen uns am Montag als Präsenzfall die Hauptabteilung XX vor. Am 29.Januar  geht’s los mit der Hauptabteilung XX. Da werden zum ersten Mal die Kontrolle und die Zusammenführung stattfinden. Was passiert? Es kam mir vor wie das Märchen vom Hasen und der Igel, als wir am Montag ankamen. „Wir sind schon fertig“, hieß es. Also haben die am Sonnabend/Sonntag schon alles zusammengeführt, ohne unser Zutun. Da war natürlich wieder das Vertrauen hin. Solche Sachen haben wir auch erlebt. Aber schließlich und endlich musste ja die Stasi die 100 Kilometer Akten zusammenfassen und zusammenführen und nicht wir. Wir konnten das ja gar nicht, wir konnten nur hier und da mal Stichproben machen und Kontrollen machen und sagen: Vernichtetet ja auch nichts!

 

Margitta Kupler ergänzte: Das haben Sie natürlich gut erkannt. Wir wissen heute aus der Sicht der Vergangenheit, dass erstens in der Opposition und natürlich auch in der AG Sicherheit des Runden Tisches und auch bei den Bürgerkomitees inoffizielle Mitarbeiter waren und Mitarbeiterinnen. Das ist eine Sache, die haben wir damals unterschätzt. Ja, und die Zweite, die war, warum eigentlich dieser Zeitdruck? Dieser Zeitdruck entstand, weil der Auftrag war, das Ministerium ersatzlos aufzulösen. Das war ein Auftrag des Runden Tisches, und es sollte ersatzlos aufgelöst werden. Nun kann man natürlich darüber diskutieren, was ist Auflösung? Und aus der heutigen Sicht haben Sie natürlich Recht, wir sind da eingeknickt, auch ich persönlich. Aber was mich ein bisschen in Frieden ruhen lässt, ist einfach, dass ich sage, ja wir haben es als kleine Menschen mit einem Geheimdienst aufgenommen und den haben wir einfach auch unterschätzt. Das ist eine Sache, die wir uns im Nachhinein vielleicht auf die Fahne schreiben müssen, das ist der Punkt, wo wir das Ministerium einfach unterschätzt haben, wieweit sie doch gut gearbeitet haben und bei den einzelnen Menschen den Punkt gefunden haben, wo man sozusagen empfindlich zu treffen ist. Also Werner Fischer[15] und ich haben damals für die Initiative Frieden und Menschenrechte[16], auch in der AG Sicherheit, lange gegen die Vernichtung gekämpft. Und noch im Februar gab es ein Stasi-Dossier über uns, wie wir doch hier auffallen, dass wir dagegen sind, und was man denn machen könnte, damit wir endlich mal auf Linie gebracht werden. Also sie haben schon ziemlich präzise gearbeitet, und das haben wir wirklich, jedenfalls ich persönlich, habe das damals nicht mehr für möglich gehalten.

 

 

Christian Booß hakte nach. Herr Meier hätte gesagt, die Stasi-Leute sollten die Akten selber zusammenführen. Warum war das eigentlich so? Man hätte die MfS-Mitarbeiter ja eigentlich auch gleich nach Hause schicken können und dann Volkspolizisten oder andere beauftragen können, die Akten rein physisch zusammenzutragen. Die hätten eine andere Interessenslage gehabt als die Leute, die sie selber angelegt hatten und ja auch wussten, ob da möglicherweise sogar Straftaten, nämlich ihre Straftaten, in diesen Akten dokumentiert sind.

 

Heinz Meier meinte, das sei ne gute Frage, das haben wir uns eigentlich auch überlegt, schickt die alle nach Hause und dann machen das andere. Dass Sie jetzt zum Beispiel die Polizei vorgeschlagen haben, das wäre auch eine Variante gewesen. Aber hier sitzen ja auch einige Archivare unter uns, was wäre dann gewesen? Die hätten doch niemals ein Abgabeverzeichnis geschrieben, aufgeschrieben: Aus welcher Provenienz, welcher Herkunft ist diese Akte? Die hätten alles auf einen Lkw geklatscht und zusammengeräumt. Es wäre keine Ordnung gewesen. Da hatten wir ja natürlich auch diese Konsensregelung zwischen den Fachleuten des Archivwesens und den Stasileuten, z.B. Prof. Kluge[17] von der Staatlichen Archivverwaltung. Er sagte, wir müssen ein genaues Abgabeverzeichnis machen, da muss jede Akte aufgeführt werden und dann kann sie erst archiviert werden. Da sagt natürlich der Herr von der Archivverwaltung. Wir aber hatten einen Termin bis 30. März, bis wir auflösen. Da müssen wir uns eben 2 ½ Jahre auflösen, dann können wir das machen. Das war dieser Widerspruch innerhalb der Fachgremien, die wir als Bürgerkomitee, als unbedarfte Bürger, als Nichtfachleute, auch noch im Konsens vereinbaren mussten.

 

 

NN erläuterte: Ich bin der angesprochene Herr, den Herr Meier hier im Publikum gesehen hat. Ich war damals im Zentralen Staatsarchiv tätig. Ich möchte eigentlich nicht widersprechen, sondern nur ergänzen. Man darf bei der Betrachtung von heute nicht die Dimensionen und die Geschwindigkeit der Zeit vergessen und das, was Frau Kugler gesagt hat, dass ja das Volk von der Straße einen Geheimdienst in Dimensionen aufgelöst hat, über den sich viele DDR-Bürger nicht mal eine Vorstellung machen konnten. Und insofern ist es vollkommen klar, dass nach dem 15. Januar Akten en masse weiter vernichtet wurden. Ich bin am 15. Januar in die Kowalke-Straße[18] gekommen. Auch dies gehört dazu, dass im Prinzip nicht angefangen wurde, in diesem Komplex, im Ministerium, aufzulösen, sondern in der Kowalkestraße, in der Bezirksverwaltung Berlin. Dieses Gebäude, dieser Gebäudekomplex, wenn man aus Berlin rausfährt in Richtung Küstrin, hat ungefähr 1000 Räume. Die waren dort im Regelfall alle versiegelt. Wir sind also mit Bürgerkomitee, Militärstaatsanwalt an die Räume gegangen, haben die Räume entsiegelt, haben sie wieder versiegelt, im Zusammenhang mit einer vernünftigen Übergabe. Wir haben im Schießkeller ein Zwischenarchiv eingerichtet und Ähnliches. Dieser Gebäudekomplex hier im Ministerium, Herr Hecht korrigieren Sie mich, hat ungefähr 3000 Räume, glaub’ ich, gehabt. 3000 Räume, die nicht im Einzelnen versiegelt waren. Und Herr Meier hat gesagt, es wurde angefangen mit der Hauptabteilung römisch Zwanzig. Das ist ja dieses Gebäude in der Nähe vom Mielkegebäude, Haus 1[19]. Dieses Gebäude war im Prinzip unten zugeschlossen. Sie mussten bei einer Wache durch und sind dann erst in die Räume gekommen. Für dieses ganze große Haus war ein einziger Mitarbeiter des Bürgerkomitees der AG Akten verantwortlich, der sich in diesem Haus verlor. Es saßen aber weiter die alten Mitarbeiter drin. Wenn ich zu diesem Mitglied des Bürgerkomitees gehen wollte, durfte ich unten an der Haustür, dort ist im Prinzip die alte Wache noch, bei dieser durfte ich klingeln und um Einlass bitten. Ich hatte keinen Schlüssel, um da reinzukommen. Das passierte in der Gemächlichkeit, bis ich in dem Haus irgendwann an einem Raum war. Wie wollte ich wissen, ob in den hunderten Räumen dieses Hauses weiter vernichtet wurde? Natürlich nicht mit dem Schredder, die waren ja größtenteils kaputt bzw. die hat man gehört. Aber wer das per Hand vernichtet hat, das haben sie ja nur in sehr begrenztem Maße mitbekommen. Und der eine Mitarbeiter von der AG Akten, der da drin saß, der war dort auch nicht überall.

 

Christian Booß beendete die Diskussion mit einer abschließenden Bemerkung:

Die Regierung de Maizière und Innenminister Peter-Michael Diestel hatten nach den Volkskammerwahlen vom März 1990 vor, die Akten nach einer kurzen Phase der Strafverfolgung und Rehabilitierung, Sie dachten da an ein halbes bis dreiviertel Jahr, zum Teil zu vernichten. Gekippt ist diese Stimmung zur Aktenvernichtung mit dem Fall Schnur[20]. Damals ist vielen klar geworden, wenn ein angeblich oppositioneller Rechtsanwalt hier solche krummen Sachen gemacht hat, dann muss verhindert werden, dass er in den neuen Zeiten in der Politik Karriere macht. Damit ist klar geworden: Wir müssen mehr Aufklärung haben. Wir brauchen diese Akten zur Aufklärung, man muss sie sichern, man muss damit etwas anfangen. Damit ist dann ein neues Bewusstsein über die Akten entstanden. Dann war, tendenziell Schluss mit dieser Zustimmung zu Aktenvernichtungen.

 


[1] Der Erschließungsstand dieser Unterlagen beläuft sich Stand Januar 2015 auf über 90%; in Bezug auf Ton- und Bildmaterial entspricht der Erschließungsstand aktuell 69%. http://www.bstu.bund.de/DE/Archive/UeberDieArchive/Ueberlieferungslage-Erschliessung/uberlieferungslage_node.html. Letzter Zugriff am 02.12.2015.

[2] Der Freie Deutsche Gewerkschaftsbund (FDGB) war der SED-gesteuerte Dachverband der etwa 15 Einzelgewerkschaften der DDR.

[3] David Gill, damals Student der Theologie,wurde nach der Besetzung der MfS-Zentrale am 16. Januar 1990 Vorsitzender des in der Nacht zuvor gegründeten Bürgerkomitees. Beim Aufbau der Behörde des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen wurde er enger Mitarbeiter von Joachim Gauck und unter anderem ihr erster Pressesprecher. Derzeit ist er Staatssekretär im Bundespräsidialamt.

[4] Haus 7 war ein Gebäude auf dem Gelände des ehemaligen Ministeriums, in dem sich die Hauptabteilung XX befand, heute Teil des Archivs des BStU.

[5] Das Zentrale Staatsarchiv bezeichnet Das Deutsche Zentralarchiv (DZA), ab 1973 Zentrales Staatsarchiv der DDR, welches die zentrale Archiveinrichtung der Deutschen Demokratischen Republik war.

[6] Im Februar 1990 gab es mit Zustimmung des Runden Tisches eine Anweisung des Ministerrates die elektronischen Datenträger zu vernichten. Mit der Selbstauflösung der Hauptverwaltung Aufklärung (HV A) wurden auch deren Akten weitgehend vernichtet.

[7] Die Jugendsendung im Fernsehen war für DDR-Verhältnisse relativ unkonventionell gemacht und erlangte in der friedlichen Revolution eine zeitlang eine gewisse Popularität.

[8] Die sogenannten Rosenholz-Dateien waren mikroverfilmte Karteikarten mit Quellen der HVA, die vom US-amerikanischen Geheimdienst CIA nach 1989 aufgefunden wurde. Das Original gilt als vernichtet. Der Name war kein Stasibegriff, sondern eine Bezeichnung die westliche Geheimdienste nach 1990 erfanden.

[9] Die Zentrale Personendatenbank speicherte in den 1980er Jahren Informationen zu Personen und Sachverhalten, die dem MfS wichtig erschienen. Sie war jedoch 1989 noch nicht vollkommen funktionstüchtig.

[10] Das Kaderprojekt war das Datenprogramm, das die Personal- und Gehaltsdaten der Hauptamtlichen Stasimitarbeiter verwaltete.

[11] Sender Freies Berlin (SFB) war derVorgänger des RBB.

[12] Unter Quellenschutz verstand die Stasi den Schutz ihrer inoffiziellen Mitarbeiter (IM).

[13] Arbeiter- und Soldatenräte waren in der russischen Oktoberrevolution und der deutschen Novemberrevolution von 1918 revolutionäre Selbstverwaltungsorgane, die die alte Macht kontrollieren und erstsetzen sollten.

[14] Die Regierung de Maizière war die erste frei gewählte und gleichzeitig letzte Regierung der DDR. Diese regierte vom 12.04.1990 bis zum 03.10.1990.

 

[15] Werner Fischer gilt als Mitbegründer der Initiative für Frieden im Jahr 1986, später für die Opposition Vorsitzender des Staatlichen Komitees zur Stasi-Auflösung.

[16] Die Initiative Frieden und Menschenrechte (IFM) war eine der Bürgerbewegungen in der DDR, die die friedliche Revolution wesentlich mitprägten. Sie wurde am 24. Januar 1986 offiziell gegründet und ist damit eine der ältesten dieser Gruppen,

[17] Prof. Reinhard Kluge war stellvertretender Leiter der Staatlichen Archivverwaltung der DDR (StAV).

[18] Die Berliner Bezirksverwaltung des MfS lag in der Alfred-Kowalke-Straße.

[19] Haus 1 auf dem Gelände des MfS in Berlin war Sitz des Ministers für Staatssicherheit.

[20] Der Fall des Wolfgang Schnur betraf den DDR-weit bekannten Rechtsanwalt Schnur, der von der Kirche beauftragt, viele Regimegegner verteidigte. Ende 1989 stieg er als Vertreter der Oppositionsgruppe Demokratischer Aufbruch  zum politischen Hoffnungsträger auf. Als Anfang 1990 seine Stasi-Akte bekannt wurde, war im März 1990 seine politische Karriere beendet, da er dem MfS seit 1965 als IM gedient hatte.