Bildung eines Verfassungsschutzes als Stein des Anstoßes

Das alte Ministerium für Staatssicherheit war Mitte November in ein sogenanntes Amts für Nationale Sicherheit (AfNS) umgewandelt worden. Doch auch das führte zu Bürgerprotesten. Nach den Besetzungen Anfang Dezember 1989 und drängte der Zentrale Runde Tisch auf die komplette Auflösung des MfS/AfNS. Allerdings enthielt der Beschluss auf Drängen von Gregor Gysi (SED) eine Hintertür. Es war der Regierung gestattet Pläne für ein neues Sicherheitsorgan zu machen. Die Regierung Modrow kam der Aufforderung des Runden Tisches mit Bechluss vom 14. 12. nach. Das MfS/AfNS  sollte aufgelöst, statt dessen aber nach Bundesdeutschen Vorbild, ein Verfassungsschutz (VS) und ein Nachrichtendienst gebildet werden. Angeblich sollte dies von neuem Leitungspersonal angeleitet werden, das nicht aus dem MfS stammte. Allerdings wurden schon mit dem Aufbau des Verfassungsschutzes Heinz Engelhardt betraut. Er war zuvor Leiter der BV Frankfurt/oder gewesen. Ihm zur Seite standen Vertreter, die schon im MfS wichtige Funktionen inne gehabt hatten, wie Edgar Braun, u.a.. Aufbauleiter des Nachrichtendienstes (ND) wurde kein geringerer als Werner Grossmann, der schon die Stasi-Spionage-Verwaltung, HV A, geleitete hatte.

In einer Sitzung des MfS/AfNS, vermutlich kurz nach dem 14. Dezember informiert der Leiter, Heinz Engelhardt über den Regierungsbeschluss. Die Folgen werden von seinen Stellvertretern diskutiert. Aufschlussreich sind Forumulierungen, dass die neuen Institutionen nicht mit der Stasi-Arbeit in verglichen werden dürfen. Auch dass Dokumente weiter zu vernichten seien und nicht in falsche Hände kommen dürften. Es drohe Brudermord- eine  These die alte Stasigarde geschickt in die Öffentlichkeit spielte, um die Angst vor der Aktenöffnung zu schüren. Immerhin ist der Wille von Regierungschef Modrow deutlich, alles zu unterlassen, was Unruhe in die Regionen tragen könnte. Die Auflösung ist offenkundig ein Schritt auf diesem Weg, beruhigend auf die Bevlkerung einzuwirken, um die Lage zu stabilisieren. 

Dokument: Handschriftliches Protokoll, BStU

Offenbar gab es sofort Schubladenpläne zum Aufbau des VS.  Auch Briefpapier und Stempel mit dem Aufdruck Verfassungsschutz waren sofort bei der Hand. 

Dokument: ohne Namen. Strukturen und Personalstärke des VS. (vermutlich Dezember 1989). BStU, MfS, BCD 4023 

Der letzte Stasi-Chef, Engelhardt, meint heute, dass seien alles unrealistische Planspiele gewesen, ein Plan der Regierung Modrow, der keine Chance mehr gehabt hätte. Der damalige Regierungsschef dagegen zeigt sich, nachdem er die Stasi-Akten analysiert, dass es ihn noch heute verwundert, wie die ehemaligen Stasi-Leute so schnell dabei waren, neue Strukturen aufzubauen. Die Kontroverse Teil III:

Fim. Heinz Engelhardt; damals Chef des MfS/AfNS/Verfassungsschutzes, dagegen Hans Modrow, damals Ministerpräsident der DDR (SED). 

Der Raumplan für den neuen Verfassungsschutz findet sich im Stasi-Nachlass, den Modrow nach dem Ende der DDR durchsah. Der neue Dienst wollte sich in die modernen Bürogebäude im nördlichen Teil des Stasi-Geländes in Lichtenberg zurückziehen.

Dokument. Raumplanung des Verfassungschutzes. (vermutlich Ende 1989), BStU.

Der Verfassungsschutz fängt sofort an zu arbeiten. Auch wenn die Schreiben dem MfS ähneln, verwendet man neue Briefköpfe. Der jetzt für die Innere Abwehr zuständige Joachim Wiegand, war im MfS der, dessen Abteilung die Kirchen überwachte. Es sind einfach die Jüngeren nachfgerückt. Mit Berichten über eine wirkliche oder angebliche neonazistische Gefahr in der DDR versuchen die Verfassungsschützer ihre Daseinsberechtigung zu legtimieren. 

Dokument. VS. Orientierung zur Bekämpfung neonazistischer Umtriebe. 19.12.1989, BStU

 

 

 

 

Erst nach neuen Unruhen in der Bevölkerung um die Jahreswende 1989/90, die wegen hoher Abfindungen für entlassene Stasi-Mitarbeiter und der Gefahr restaurativer Tendenzen ausbrachen, musste Modrow endgültig den Rückzug antreten. Am 12. 1. 1990 beschloss die Regierung vor den freien Wahlen keinen neuen Inlandsdienst mehr zu gründen und auch den VS aufzulösen. Diese Entwicklung führte auch zur Auflösung der Stasi-Zentrale in Berlin. Mehr...