Staatliches Auflösungskomitee

Mit dem endgültigen Aus für die Geheimdienste der DDR installierte die Regierung Modrow am 8. Februar ein Auflösungskomitee. Das Datum war nicht zufällig gewählt. Am 8. Februar 1950 war das MfS gegründet worden. Nun wurde es durch das Komitee aufgelöst. In den Bezirken wurden analog 5-köpfige Auflösungsstäbe des Komitees gebildet.1 Leiter wurde Günter Eichhorn, ein ehemaliger Abteilungsleiter im DDR-Finanzministerium, der zuvor für die SED in der AG Sicherheit gesessen hatte. Später stellte sich heraus, dass er eine zwei Jahrzehnte währende IM-Vergangenheit hatte.2

Die unterschiedliche Sicht auf das Komitee, einmal aus Sicht des Staates, dagegen das der Stasi-Auflöser, spiegeln zwei Dokumente:

Dokument. Auflösungskomitee. 29.6.1990, RHG. Mehr...

Dokument. Auflösungskomitee aus Sicht des Bürgerkomitees Normannenstraße. o.D. vermutlich März 1990, RHG. Mehr...

Wegen seines Vorsitzenden wurde das Komitee auch oft Eichhorn-Komitee genannt. Es setzte sich v.a. aus altgedienten Verwaltungsleuten des SED-Staates und ehemaligen Stasi-Mitarbeitern zusammen. Auch Bürgervertreter wurden in das Komitee integriert. Dies waren sowohl ehemalige Blockparteiangehörige wie Bürgerrechtler und Bürgervertreter, die sich in der AG Sicherheit oder anderer Stelle spontan bei der Stasi-Auflösung engagiert hatten. Letztere fanden sind v.a. in der operativen Gruppe wieder.

Foto: Günter Eichhorn, Leiter des sigenannten Eichhorn-Komitees, des staatlichen Auflösungskomitees

Die Gewichte waren aber sehr ungleich verteilt. Von den 216 Mitarbeitern, einschließlich Arbeitsstäbe in den Bezirken kam nahezu die Hälfte aus dem ehemaligen MfS. Aus der Bürgerbewegung stammten nur die rund 10 aus der operativen Gruppen. Konflikte waren damit „vorprogrammiert“. 3 Sie forderten mehr Kontrolle.

Film Thomas Schmidt, Schwerin auf einer Pressekonferenz der Bürgerkomitees am 28.5.1990.

Die Zusammensetzung des Auflösungskomitees gab immer wieder Anstoß zu Kritik seitens der Bürgerbewegung. Insbesondere wurde der Einfluss von ehemaligen hohen Stasi-Offizieren bemängelt. Diese waren zunächst angestellt, später „nur“ noch als Berater tätig. Offenbar übten sie aber bis zum Schluss einen starken informellen Einfluss aus, zumal im Komitee lange unentdeckt geheime Stasi-Offiziere, sogenannten OiBEs Link und viele Ehemalige tätig waren. Teilweise kooperierten diese aber auch schon mit bundesdeutschen Diensten, von denen sie sich Schutz versprachen.

Anmerkungen:

1 Süß, Walter. Staatssicherheit am Ende. Berlin 1999, S. 732

2 Müller, Uwe;Hartmann, Grit: Vorwärts und Vergessen. Das gefährliche Erbe der SED-Diktatur. Berlin 2009, S. 235

3 Richter, Michael: Die Staatssicherheit im letzten Jahr der DDR. Weimar Köln Wien 1996, S. 177